CHANCE, LUCK AND FATE








you never know

Im Februar 2006 saß ich hinter dem Schaufenster der Fürther „Kaffee-Bohne“, bestellte schon mal einen Cappuccino und blätterte in Musikzeitschriften. Meine Gedanken drifteten ab in die Zeit, in der ich zum ersten Mal hier war. Irgendwann in den 90er Jahren muss das gewesen sein. „Schon verrückt, wieder hier zu sein!“ dachte ich, kurz bevor sich die Tür öffnet und mich mein Date zurück in die Gegenwart holte. (B.B. 1/2014)





sorry, folks

Die ersten Eindrücke die ich von Fürth hatte waren nicht sehr positiv. Die Geschichte beginnt mit der Ankunft am Fürther Hauptbahnhof in den 90er Jahren, in denen damals ein grüner Kunstrasen auf den Bahnsteigen lag. Was vermutlich einladend wirken sollte, schreckt mich eher ab. Auf dem Weg zu einer Veranstaltung lief ich an unzähligen Baustellen und verdeckten Häusern vorbei. Ich suchte den Kern dieser Stadt, konnte ihn jedoch nicht finden. Weder der Bahnhofsplatz noch die Fürther Freiheit wirkten wie ein Zentrum. Auch die Fußgängerzone schien ausgestorben. Schließlich erreichte ich die Altstadt, die ich damals immerhin OK fand. Es sind viele Jahre vergangen und es hat sich in Fürth enorm viel getan. Heute fühle ich mich sehr wohl in dieser kleinen Stadt und verspüre sogar ein emotionales Heimatgefühl, wenn ich durch ihre Straßen laufe. (B.B. 2/2014)





stay here together

Der Sprung über meinen eigenen Schatten: Es kam mir nicht mehr darauf an WO, sondern MIT WEM ich wohnen möchte. Zufällig liefen wir an einem Altbau vorbei, in dem neu renovierte Wohnungen zur Vermietung angeboten wurden. Hier wollten wir bleiben. (B.B. 2/2014)





list of things desired

Eine Wunschliste, die ich mir in Bezug auf meine Kinder zusammengestellt hatte, enthält Vorsätze die ich hoffentlich einhalten kann. Auf dass ich niemals versäume, Dinge aus ihrer Sicht zu sehen und ihnen weder missionarisch noch besserwisserisch begegnen werde. (B.B. 12/2012)





backyards

In den Jahren 2007 und 2013 öffneten sich einmal im Jahr die Hinterhöfe der Altstadt, in denen Aufführungen, Kunstwerke oder Pflanzen gezeigt wurden. Natürlich auch die rausgeputzten Höfe selbst. Obwohl das Fest Offenheit, Kreativität und Toleranz ausstrahlte, nahmen wir kaum daran teil. Eigentlich Schade. (B.B. 2/2014)





teach your granny

Eines der zahlreichen Redewendungen in einem Buch über englische Sprichwörter, lautete „teach your granny to suck eggs“. An diesem provokanten Satz blieb ich hängen und las die sinngemäße Übersetzung. In Deutschland würde man wohl eher „Ach, was du nicht sagst!“ oder „Ganz was Neues. Erzählʻs deiner Oma und langweile mich nicht!“ sagen.
Als ich im Jahr 2013 meinen Personalausweis aktualisieren musste, geriet ich an einen jungen, höchst motivierten Beamten. Mit Spießerbrille und Karohemd wirkte er im ersten Moment deutlich älter als sich später im Gespräch mit ihm rausstellte. Skeptisch betrachtete er mein Passfoto, das ich zu dieser Zeit bereits an mehreren Stellen eingesetzt hatte. Wortlos öffnete er seine Schublade, holte sein Lineal raus und nahm Maß an meinem Portrait. „Drei Millimeter!“ Es fehlten tatsächlich drei Millimeter von meinem Kinn bis zum Haaransatz. Mit diesem Foto könne ich leider keinen Ausweis beantragen. Als ich eine Woche später mit neuem Foto nach einer knappen Stunde Wartezeit zu der mir erteilten Schalter-Nummer ging, erwartete mich dort zufällig exakt der selbe Beamte. Er sah mein Passbild, öffnete seine Schublade, nahm wieder Maß und schüttelte den Kopf. „Ein bis zwei Millimeter unter der Norm.“ Kurzfristig wusste ich nicht, ob ich verzweifelt lachen oder lauthals brüllen sollte. Schließlich stand ich sprachlos auf, nahm mein Foto und dachte in einer Endlosschleife an das englische Sprichwort. (B.B. 3/2014)





why i left you

Nach einer katholischen Kindheit und einer ausgeprägt charismatisch-christlichen Jugend musste es ja so kommen. Im Jahr 2010 bin ich endlich den Schritt gegangen, den ich zu diesem Zeitpunkt schon lange machen wollte: Der Austritt aus der katholischen Kirche. Ich glaube immer noch an Gott, aber ich glaube nicht, dass der Mensch in der Lage ist, Gott wirklich erfassen und verstehen zu können. Aus meiner Sicht bieten die von Menschen geschaffenen Religionen nicht nur Halt und Hoffnung für Gläubige, sie dienen auch als Deckmantel für Terror und Verbrechen. Pädophile Übergriffe von Pastoren, Kindermorde in Nonnenklöster und die nicht weniger skandalöse Vertuschung dieser Verbrechen beschleunigten meine Austrittsentscheidung. Auch der dekadente Reichtum katholischer Amtsträger passt aus meiner Sicht ebenso wenig zu den christlichen Werten, wie der patriarchalische Aufbau dieser Kirche, der mich eher ans Militär oder an eine Diktatur erinnert. Als im Jahr 2005 die Wahl von Papst Benedikt XVI. ein Medienspektakel wurde und die Kardinäle dieses aufgeblasene Schauspiel wohlwollend selbstdarstellerisch mitspielten, verspürte ich einen Ekel, dieser Kirche angehörig zu sein. (B.B. 12/2012)





older generation

Kurz vor der Geburt meines zweiten Kindes viel mir auf, dass ich mittlerweile ein Alter erreicht habe, welches ich als 16-jähriger für „alt“ empfunden hatte. Glücklicherweise fühle ich mich nicht alt und mir gefällt der Gedanke, dass das Alter keine Zahl sondern eine Lebenseinstellung ist. Man rutscht zwar von einer in die nächst ältere Generation, was aber nicht unbedingt bedeuten muss, dabei „alt“ zu werden. (B.B. 1/2013)





lisa

Nach „Sunshine 2010“ (siehe Album „SONGbooK“) für mein damals noch ungeborenes erstes Kind, folgt nun dieser Song für mein zweites Kind. Benannt nach einen der beiden Namen, die wir zur spontanen Entscheidung mit in den Kreissaal nahmen. Auch wenn der Name Lisa das Rennen in den letzten Sekunden verlor, erinnert er mich an „diesen unvergesslichen Tag in meinem Leben“. (B.B. 3/2015)





streets are closed

Die einzigen zehn Tage im Jahr, an denen sogar Nürnberger gerne nach Fürth kommen, ist die Zeit während der Michaeliskirchweih. Mir persönlich bedeuten Volksfeste nicht besonders viel. Aus diesem Grund habe ich eine geteilte Meinung zu dieser Großveranstaltung. Einerseits ist es beeindruckend zu sehen, wie sich die Straßen der Stadt in einen bunten Festplatz verwandeln. Andererseits verfluchst du die Kirchweih, wenn du zwei Wochen lang als Anwohner nach langen Arbeitstagen unnötige Umwege fahren musst und dabei permanent im Stau stehst. (B.B. 2/2014)





the underdog

Seit Mitte der 90er Jahre, als die SpVgg Greuther Fürth zusammen mit dem Club von der damaligen Regionalliga Süd in die zweite Bundesliga aufstieg, interessieren mich die Ergebnisse dieses Vereins. Ich beobachtete die konstant gute Leistung der grün/weißen Fürther, die in den darauffolgenden 15 Jahren zehn Mal um den Aufstieg in die erste Bundesliga kämpfte. Dabei fielen sie sieben Mal (!) kurz vor Saisonschluss unglücklich auf den fünften, einmal sogar auf den undankbaren vierten Platz zurück, bis sie 2012 endlich Zweitligameister wurden. Trotz Rivalität zum Club empfand ich eine riesige Freude und Erleichterung über den Aufstieg der Fürther. Als mich im darauffolgenden Jahr nach dem Abstieg zurück in die zweite Liga weder Häme noch Spott begeistern konnten, war mir klar, inzwischen nicht mehr nur Club-Fan zu sein. (B.B. 2/2014)





asphalt

Obwohl ich ihn mit über 40 Jahren wohl niemals nutzen werde, halte ich den Fürther Skatepark für einen unterhaltsamen Treffpunkt. Skater unterschiedlichster Altersklassen – egal ob sicherer Profi oder blutiger Anfänger – rollen hier wagemutig über den Asphalt. Gerade für Jugendliche eine gute Anlaufstelle um Energien freizusetzen und Freundschaften zu knüpfen. (B.B. 5/2015)





once on sunday morning

An einem Sonntagmorgen drehte ich nach familiären Turbolenzen spontan eine ziellose Runde mit meinem Fahrrad. Dabei bog ich versehentlich in einen falschen Radweg ein und landete zufällig an der Stelle, an der die beiden Flüsse Rednitz und Pegnitz zur Regnitz zusammenfließen. Es war sehr still und Nebel lag über den Wiesen. Am linken Ufer der Rednitz jagte ein großer schwarzer Hund einen Ast, aus der Ferne hörte ich die Turmuhr neun Mal schlagen und ein Schwarm Zugvögel flatterte aus seinem Versteck. Am rechten Rand der Pegnitz begegneten sich Jogger und Radfahrer. Etwas weiter nördlich klapperte leise ein zerstörtes Wasserrad. Eine friedliche Atmosphäre begleitete mich zurück nach Hause. Noch auf dem Heimweg entstand dieser Song, den ich unmittelbar nach meiner Ankunft ins Diktiergerät sang um ihn nicht zu vergessen. (B.B. 3/2015)





gone

Dieses Lied ist quasi die Fortsetzung von „the old town“ aus dem SONGbooK-Album. Wieder geht es um die vielen Vorurteile, die es über Fürth gibt. Der Stadtpark ist einer der Orte die dazu beitrugen, dass ich diese ablegen konnte. Zu jeder Jahreszeit hat er die Gabe, seine Besucher zu verzaubern. (B.B. 11/2013)





walls on the horizon

Als dieser Song entstand wusste ich selber nichts mit ihm anzufangen. Die Worte formten sich von selbst, kamen mir passend zur Melodie einfach zugeflogen. Heute sehe ich das Lied als Grundlage für dieses Album. Ohne den Sprung über meinen Schatten wäre es vielleicht nie dazu gekommen, meine Vorurteile gegenüber der Stadt Fürth abzulegen. Ich bin sehr froh darüber, meinen Horizont erweitert zu haben. (B.B. 5/2013)





dogs of mary (bonus-track)

Unzählige Male begegnete ich zufällig dieser alten Dame mit ihren zwei kleinen Hunden. Die beiden Möpse tapsten langsam neben ihr her, während einer von ihnen vor Anstrengung laut hechelte. Als ich jedoch eines Tages die beiden Tiere mit einem jungen Mann an meiner Wohnung vorbei gehen sah, kam mir plötzlich der Gedanke, was wohl mit den beiden Hunden passiert, wenn sie die alte Dame überlebten? (B.B. 12/2016)





mr robert (bonus-track)

Ähnlich wie die alte Frau, viel mir „Mr. Robert“ auf, der täglich durch die Fürther Innenstadt jagt, um herumliegenden Müll aufzusammeln. Bekleidet mit einem beigefarbenem Mantel und einer braunen Stoffhose schießt er zwanghaft von einem zum nächsten Fundstück. Sein scannender Blick durch dickes Brillenglas lässt ihn weder ablenken noch zur Ruhe kommen. Auch er gehört inzwischen für mich zu Fürth, so dass ich ihn und der alten Dame mit ihren Hunden kurz vor Aufnahmeschluss noch einen kleinen Platz auf diesem Album geben wollte. (B.B. 12/2016)