Souvenirs








way to holiday

Auch wenn es immer wieder zu nervigen Verzögerungen kommen kann, sollte meines Erachtens ein Urlaubsalbum mit der Anreise beginnen. Ich kann nicht behaupten, dass ich diese Tage mag, doch je näher man dem Ziel kommt, desto mehr baut sich eine unverbrauchte Vorfreude auf, mit der sogar Landschaften – die vorbeizufahren scheinen – zum Highlight werden. Ich finde eine Aufzeichnung einer Songidee, die ich im Urlaub 2018 provisorisch auf mein Handy aufgenommen und mit dem Arbeitstitel „Petty-Song“ abgespeichert hatte. Sie passt perfekt zur Euphorie eines Anreisetags. (B.B. 8/2020)





do I have to?

Es gibt wohl kaum etwas Schöneres, als einfach in den Tag hineinzuleben. Keine Sorgen, kein Telefon, keine Pflichten. (B.B. 2/2021)





two cups coffee

Wir entschieden uns, auch 2021 wieder nach Neversfelde zu fahren. Dort sitze ich mit meiner Frau am Morgen unseres ersten Urlaubstages auf der Terrasse uns genieße es, mit ihr zusammen den Tag beim Erwachen zuzusehen und zuzuhören. Das noch sehr dezente Sonnenlicht brach noch nicht durch die Wolken. Wind pfiff durch die Äste und Blätter, während wir in Decken gehüllt an unseren Kaffeetassen nippten. Die Kinder schliefen noch in ihren Betten, nur ihre Schuhe standen schon für neue Abenteuer bereit.
Diesen Moment wollte ich in einem Lied festhalten und begann am Vormittag meine ersten Ideen auszuprobieren und aufzuschreiben. Während ich die erste Strophe verfasste, erreichte mich ein Anruf mit der fassungslosen Nachricht, dass meine seit einem Jahr an Krebs erkrankte Schwester nun im Sterben lag. An dem Song konnte ich zunächst nicht weiterarbeiten. Es dauerte schließlich drei weitere Tage, bis ich dieses Lied halbwegs in Form brachte. Auch wenn es aufgrund der Umstände melancholischer wurde als es geplant war, hielt ich an der ursprünglichen Idee des Songs fest. Mir wurde bewusst, dass es nicht selbstverständlich ist, zwei Tassen Kaffee auf der Terrasse stehen zu haben. (B.B. 8/2021)





Julias farm

Ferienwohnung, Bauernhof und Meer haben sich in unserer Familie als die perfekte Kombination für einen erholsamen Urlaub herauskristallisiert. Der Ferienhof, den ich „Julia‘s farm“ nenne, erfüllt diese drei Komponenten. „Tür auf und raus“ ist genau das, was wir unseren Kindern in unserer Stadtwohnung nicht bieten können. Im Morgengrauen schnattern aufgeregte Wildgänse, der Hahn übertönt mit lautem Krähen das Gackern seiner Hennen. Pferde, die nur einige Meter von der Terrasse entfernt grasen, geben ab und zu ein zufriedenes Wiehern von sich. Immer wieder begegnet man der freundlichen Bäuerin, die trotz ihrer unzähligen Aufgaben einen glücklichen, erfüllten Eindruck macht. Ehe es abends am Hof zur Fütter- und Reitrunde geht, kann nachmittags am Sandstrand gespielt, gebuddelt oder einfach nur relaxed werden. (B.B. 8/2020)





here with you

Es ist schön zu sehen und zu spüren, wie ausgelassen die Kinder ihre Ferienzeit genießen, ohne dass wir Eltern permanent für Programm oder Frieden sorgen müssen.
In „Here with you“ widme ich jedem unserer Kinder eine eigene Strophe. (B.B. 9/2020)





down from the sky

Man kann damit rechnen, dass das Wetter Ende August an Nord- und Ostsee nicht immer nur sonnig ist. Was mich immer wieder beeindruckt, ist die relativ schnelle Abwechslung zwischen Regen und Sonnenschein. Am Strand schweift der Blick weit in die Ferne. Man sieht Wolken, die sich auftürmen, sich drehen und bedrohlich schwer vom Horizont näher rollen. Ich mag raues Wetter. Ich mag es, wenn mir frischer Wind feuchte Gischt entgegenbläst. Höre ich ein dumpfes Grollen oder nehme ich ein blitzendes Leuchten in der dicken Wolkendecke wahr, warte ich fast ungeduldig auf den Ausbruch.
In unserer Ferienwohnung schnappe ich mir meine Wandergitarre und halte diese Stimmung in einer neuen Songidee fest. Am nächsten Strandbesuch entsteht dann am Ort des Geschehens die Erstversion von „down from the sky“. (B.B. 8/2020)





decisions, decisions!

Entdecken einen halbtrockenen Rotwein aus der Rebsorte Primitivo, der uns an unseren Favoriten „Doppio Passo“ erinnert und mich ganz vergessen lässt, dass ich eigentlich lieber Bier trinke. Während ich darüber nachdenke, fällt mir ein Interview von Cher ein, in dem sie gefragt wurde, ob sie eher der Stones- oder der Beatles-Typ war. Sie verdrehte ihre Augen und gab die einzig richtige Antwort: „Warum sollen wir uns immer auf eine Seite stellen? Ich mag die Stones und ich mag die Beatles!“ Diese Einstellung gefällt mir und neben der Gegenüberstellung von Wein und Bier sind mir noch weitere Beispiele eingefallen, von denen ich keine der zwei Möglichkeiten ausschließen möchte, weil ich einfach beide mag.
Im Dezember 2020 arrangiere ich mit Tommes diesen Song. Sein Einwand, mit h-Moll und fis-Moll zwei neue Akkorde einfließen zu lassen, gibt dem ursprünglich eher rockig geplanten Lied mehr Farbe und Melancholie. (B.B. 8/2020)





the donkeys eyes

Nur wenige Kilometer von unserer Ferienwohnung entfernt, lockte ein Esel-Park Touristen an. Wir mögen Esel, also nahmen wir einen Besuch mit in unser Ferien-Programm auf. An der Kasse reichte uns eine sehr freundliche Dame jede Menge Kleinkram, die unseren Aufenthalt abwechslungsreich gestalten sollten. Wir bekamen drei Cent-Stücke, um uns daraus Souvenirs prägen zu lassen. Außerdem gab es noch ein paar gelochte Coins, mit denen kleine Bagger in Bewegung gesetzt werden konnten. Sollten wir in der Mine Goldwaschen wollen, könnten wir alles, was wir dabei finden in kleinen Röhrchen sammeln, die uns ebenfalls in die Hände gedrückt wurden. Wir betraten den Park und waren ein wenig irritiert, dass auf der Wiese nicht wie im Prospekt abgebildet, ein paar Esel standen, sondern Kunststoffgarnituren der Gastronomie. Stattdessen standen mitten im Gelände in einem überdachten Rundell ein auffällig großer und ein extrem kleiner Esel, die merkwürdig mit ihren Muskeln zuckten. Wir erkundeten den Park und betraten schließlich einen riesigen Stall mit unzählig vielen Eseln in unterschiedlichen Größen und Farben. Nach dem Scheunen-Ausgang gab es noch Einzelgehege, die für Touristen frei zugänglich waren. Von morgens bis abends waren die Tiere dem Trubel ausgesetzt, wurden betatscht und hatten keine Rückzugsmöglichkeit. Ich glaube nicht, dass der Park gegen Tierschutz-Auflagen verstoßen hat. Ich gehe davon aus, dass alles streng geprüft wird. Aber auch wenn Esel Geselligkeit mögen und unterhalten werden wollen, glich selbst unser kurzer Aufenthalt einer unerträglichen Reizüberflutung. (B.B. 1/2021)





last day

Am letzten Urlaubstag kommt mir während ich am Strand entlang laufe eine Melodie in den Sinn. Schließlich formen sich auch noch ein paar Worte, die sich dazugesellen und mir einen neuen Ohrwurm verpassen. Am Nachmittag werden wir die Koffer für die morgige Heimfahrt packen. Wollen wir wirklich zurück? (B.B. 8/2020)





at home

Ursprünglich sollte „last day“ das Album beenden, doch die Stimmung, die dieser Song erzeugt, war mir als Schlusspunkt des Albums doch zu negativ. Schließlich war eine neue Idee gefragt, denn was soll nach dem letzten Urlaubstag auf einem Ferienalbum noch kommen? Die Rückfahrt wäre jedenfalls zu unattraktiv und thematisch auch nicht unbedingt aufheiternd. Was aber meiner Meinung nach jeden Urlaub abschließt, ist das Revue passieren der vergangenen Zeit, indem man sich Fotos und Souvenirs anschaut. Man blickt zufrieden zurück und versöhnt sich mit der Realität, die einem in Kürze wieder den Alltag bescheren wird. (B.B. 9/2020)