a few lost songs
and the foundation of LiamCurt








ballad of a few lost songs

Ursprünglich wollte ich diesen Song aufnehmen, als ich am Buch „SONGS & HOMES“ geschrieben hatte. Aus terminlichen Gründen ist aus dieser Aufnahme damals nichts geworden, so dass „ballad“ leider nicht wie geplant dem Buch als Single beigelegt werden konnte. Trotzdem diente der Song als Einleitung, da er in Zeitraffer die ersten 10 Bandjahre wiedergibt. Plan B war, das Lied auf das darauffolgende Album zu packen. Da dieses dann aber das Konzept-Album CHANCE, LUCK AND FATE über „mein Leben in Fürth“ wurde, musste „ballad of a few lost songs“ erneut auf die Reservebank. Weil „ballad“ nicht nur die Bandgeschichte an sich, sondern eben auch die „verlorenen Lieder“ erwähnt, die letztendlich zur LiamCurt-Gründung geführt hatten, bot es sich an, den Song auch hier als Prolog zu verwenden und ihn im Rahmen der HomeRecordings endlich aufzunehmen. (B.B. 2012)





neverland

Mit Anfang 20 stolperte ich über den Gedanken, in ein vorgegebenes Lebensraster gepresst zu werden: Schule, Ausbildung, Zivildienst, … und dann? Einerseits wollte ich frei sein, auf der anderen Seite hatte ich keinen Plan was aus mir werden sollte. Ich klammerte mich an meinen allerliebsten Strohhalm: die Musik. Ich hörte zu dieser Zeit überwiegend Punk- und Indie-Rock und versuchte mit meiner halbakustischen Aria den Song „Kalter Fisch“ von Extrabreit zu covern, was mir allerdings nur halb gelang. Immer wieder driftete ich versehentlich in den Song „Neverland“ von The Mission ab. Ich nutzte die Situation und formte aus dem Coverversuch einen eigenen Song. Mein neu entstandenes Lied über das böse Lebensraster basiert auf den Gitarrenriff aus „Kalter Fisch“ und der Sehnsucht nach Erlösung aus „Neverland“. (B.B. 1996)





rain (2020)

Wie ich bereits auf der Seite zu den Songs von „that tells me all you need...“ erwähnt hatte, basiert dieses Lied auf einer wahren Begebenheit. Ein Schüler begeht aus Liebeskummer Selbstmord und zerstört damit nicht nur sein eigenes Leben. Ich dachte damals viel darüber nach und je länger ich das tat, desto wütender wurde ich über diesen Feigling, der weder seiner Ex-Freundin noch seinen Angehörigen eine Chance gab, auf seinen Gefühlszustand einzugehen oder angemessen zu reagieren. Er setzte sie – vermutlich aus Rache – vor vollendete und unwiderrufliche Tatsachen. Wie jedes Mal, wenn ich viel über ein Thema nachdachte, formten sich die Gedanken zu einem neuen Song. In einer Phase, in der ich viel Folk-Rock hörte, fiel das Lied über diesen Suizid eher rhythmisch aus. Auf die Tränendrüse drücken kam jedenfalls nicht in Frage. (B.B. 1997)





bear the blame (2020)

Weder die Fernsehnachrichten, noch die Tageszeitung informierten mich über die Umweltkatastrophe, die im März 1989 von der Havarie des Öltankers Exxon Valdez ausgelöst wurde. Es war die Australische Band „Midnight oil“, deren Video „Black rain falls“ neun Jahre nach dem Unglück meine Aufmerksamkeit auf sich zog. Funktionäre sorgten sich damals ausschließlich über den wirtschaftlichen Schaden, während Aktivisten und Künstler auf den immensen Naturschaden aufmerksam machten. Der Ölkonzern selbst verweigerte Entschädigungen und redete die Katastrophe klein. Meine Wut schlug in Enttäuschung um. Ich verstand nicht, warum der Mensch so sorglos mit seinem eigenen und einzigen Planeten umgeht und unwiderrufliche Zerstörungen betreibt, ohne auch nur ein Anzeichen von Reue zu zeigen und Wiedergutmachung in Erwägung zu ziehen. Ich ließ mich auf mein Sofa fallen und spielte ein paar Akkorde auf meiner Gitarre. „Rape me“ von Nirvana passte gerade wunderbar, doch der kraftvolle Refrain kostete in diesem Moment zu viel Energie. Schließlich änderte ich das Lied ab und begann einen eigenen Text zu schreiben. „Bear the blame“ wurde geboren. (B.B. 1998)





asking eyes (2020)

Nie habe ich für einen Song so viel Text geschrieben. Ich erinnere mich, dass er einfach aus mir heraus kam. Manchmal quält man sich durch die Strophen und sucht nach passenden Worten. „Asking eyes“ flutschte mir von der Hand. Die Jahrtausendwende war geschafft und wann, wenn nicht zu dieser Zeit, machte man sich Gedanken über Gott und die Welt. Es drängten sich viele von der Menschheit ungeklärte Fragen auf, bis ich schließlich mit dem Gedanken zufrieden war, dass es nicht die Aufgabe des Menschen ist, sie zu beantworten. Für die musikalische Grundlage hatte ich beim Songschreiben „Higher wall“ von New Model Army im Hinterkopf. Wie würde „Asking eyes“ klingen, wenn er von Justin Sullivan gesungen würde? Dieser Gedanke trieb mich voran und formte das allererste Arrangement dieses Song. (B.B. 01/2000)





leaving like heroes (2020)

Mit „Leaving like heroes“ beendete ich eine lang andauernde persönliche Krise. Vieles, was mir etwas bedeutet hatte, schien sich plötzlich in Luft aufzulösen. Der Freundeskreis zerschlug sich, die wöchentlichen Treffen in zwei verschieden Jugendgruppen, bei denen ich aktiv gewesen war, verliefen in den Sand. Meine damalige Band Dusk löste sich gerade zum zweiten Mal und damit endgültig auf. Beruflich steckte ich nach mehreren Bewerbungsabsagen in einer Sackgasse und auch die Beziehung mit meiner damaligen Freundin war gerade gescheitert. Nun stand ich vor der Weggabelung: Selbstmitleid mit dem Risiko, depressiv zu werden oder Eigeninitiative ergreifen, um aus dem Tief wieder herauszukommen? Ich entschied mich für letzteres und der erste Schritt war dieser Song, der zugleich ein Abschiedsbrief an meine gescheiterte Welt war und die Motivation, eine neue aufzubauen. In der ursprünglichen Fassung stand mir „Creep“ von Radiohead Pate. Während die Strophen akustisch gespielt werden sollten, war für den Refrain ein Teppich aus E-Gitarren angedacht. Sie sollten Kraft geben und Mut schöpfen. In einer Probe mit Yellow Press spielte ich „leaving like heroes“ vor. Der Song gefiel und in Null-Komma-Nix entstand eine unerträglich weichgespühlte Keyboard-Version, die so weit von meinen Vorstellung entfernt war, dass erste Zweifel aufkamen, ob diese Band und ich zusammen passten. Vier Jahre später entstand mit LiamCurt eine akustische Variante, die auf „that tells me all you need …“ zu hören ist. Knapp 20 Jahre nach seiner Entstehung überarbeitete ich den Song erneut. Ich strich ein paar Akkorde und tauschte einen Dur- in einen Moll-Akkord. Schließlich entstand eine Version, die näher und ehrlicher an meinem tatsächlichen Gemütszustand kommt, in dem „leaving like heroes“ entstanden ist. (B.B. 08/2000)





romantic time of a kiss (2020)

Weder Dusk noch Yellow Press konnte ich mit diesem Song begeistern. Nach dem ersten Vorspielen begegneten mir lediglich Lustlosigkeit und Skepsis. Ein Song mit Potential, der dazu verdammt war, in der Schublade zu landen. Man nennt es wohl „Ironie des Schicksals“, denn thematisch geht es darum, ständig auf etwas oder jemanden warten zu müssen. Bei den Überlegungen, ein Solo-Projekt zu gründen, spielte dieses Lied eine treibende Rolle. Endlich hatte ich die Möglichkeit, ihn auf eine Setliste zu schreiben und ihn live vor Publikum zu spielen. Mit diesem Schritt änderte ich den geplanten E-Gitarren-Refrain in einen akustischen Part. Der Song wirkte damit reifer als die Urversion, die auf einem Wechsel aus Ironie und Verärgerung aufgebaut war. Für die HomeRecordings testete ich eine noch reduzierte Variante und erhielt daraus diese sehr ruhige Version, die sich anschmiegt wie ein flauschiges Kätzchen. ;-) (B.B. 09/2000)





mr. president

Der erste meiner vier American-Songs war „Mr. President“. Wenige Monate nach den Terroranschlägen am 11. September 2001 entschied sich der damalige Amerikanische Präsident Georg W. Bush für einen Krieg gegen den internationalen Terror und begann mit der Zerstörung von Infrastrukturen in Afghanistan um Taliban-Stellungen anzugreifen. Es wirkte damals wie ein Racheakt, fast kopflos, um irgendeine Reaktion zu zeigen. Dabei spielten sich die Amerikaner einmal mehr als selbsternannte Weltretter auf. Dass genau dieses Verhalten bei ihren Gegnern das Feindbild schärfte und ihnen Wasser auf die Mühlen bescherte, wurde entweder nicht erkannt oder ignoriert. (B.B. 2002)





borrowed plumes

Der erste Song, den ich als LiamCurt geschrieben hatte war „borrowed plums“. Meine Erfahrungen als Sänger von Yellow Press (2001) hinterließen einen ernüchternden Eindruck vom Musik-Business. Eine Band mit hervorragenden Musikern, die zwar nicht immer meinen Geschmack trafen, die aber ihre Instrumente beherrschten und ihre Songs fehlerfrei im Schlaf ohne jegliche Abweichung hätten runterspielen können. Doch es fehlte etwas: Die Band hatte keinen Eigencharakter. Sie war austauschbar wie eine Coverband und das Schlimmste war, sie versuchte immer wieder auf fahrende Züge aufzuspringen um erfolgreich zu sein. In den 90er Jahren machten sie auf THE MISSION, zu meiner Zeit wollte der damalige Manager und Produzent von Depeche Mode abkupfern und wenige Jahre später wurde mein Nachfolger durch eine Sängerin ersetzt, da Deutschrock á la Silbermond gerade absolut in war. Es ging weder um die Band noch um ihre Lieder. Es ging um den Erfolg. Musik als Geldeinnahmequelle war das Ziel und Melodien oder Hooklines aus bekannten Hits zu kopieren um sie als Lockmittel mehr oder weniger gut versteckt in eigene Songs zu verbauen war gang und gäbe. Ich wollte mich nicht mit fremden Federn schmücken, ich wollte meine Musik machen. Auch diese Erfahrung führte zur Gründung von LiamCurt.
„Borrowed plumes“ nahm ich mit meinem Schulfreund Oli auf, mit dem ich damals das Techno-meets-Indie-Rock-Projekt STILBRUCH ins Leben gerufen hatte. Aus diesem Grund fand mein erster LiamCurt-Song nie den Weg ins LiamCurt-Repertoire. (B.B. 2003)





pints of beer

Ab März 2005 wurde in Irland das Nichtraucherschutzgesetz eingeführt. Rauchen in öffentlichen Einrichtiungen war ab sofort nicht mehr erlaubt. Das betraf vor allem die unendlich vielen Kneipen und Pubs, die auf der Insel bei Einheimischen und Touristen sehr beliebt sind. Zufällig fuhr ich genau in diesem Monat mit drei Freunden nach Irland. Immer wieder beobachteten wir Kneipenbesitzer, die strickt darauf achteten, dass nur noch vor der Tür geraucht wurde. Einige zogen ihre Stammgäste sogar eigenhändig nach draußen, wenn sie sie beim Anzünden einer Zigarette ertappt hatten. Alles in allem nahmen die Iren diese Veränderung, auf die in jedem Pub mit Schildern hingewieden wurde, aber sehr verständnisvoll an. Solange man ihnen in den Kneipen Bier ausschenkte, sollte Rauchen im Freien kein Problem sein. Ich dachte mir: „Wahnsinn, das kann ich mir in Deutschland gar nicht vorstellen!“, denn bei uns durfte zu diesem Zeitpunkt noch überall geraucht werden. Drei Jahre später war es dann auch hierzulande soweit. Ab Januar 2008 galt bundesweit das bisher umfassendste Rauchverbot. Die bayerische Regierung zimmerte darauf hin mit dem damaligen Koalitionspartner eine eigene, liberalere Version des Gesetzes. Rauchen in Festzelten und Gaststätten sollte doch noch erlaubt sein, aber eben getrennt von Nichtrauchern, in Nebenräumen. Da aber nicht nur Freundeskreise sondern auch Familien oft aus Rauchern und Nichtrauchern bestehen und damit die Umsetzung nur zugunsten der Raucher funktionierte, iniziierte der Politiker Sebastian Frankenberger den Volksentscheid „Nichtraucherschutz“, der mit über 60 % von der Bevölkerung unterstützt wurde. Das bundesweite Nichtraucherschutzgesetz wurde damit sogar übertroffen und andere Bundesländer wie NRW, Hamburg und Berlin sowie der Staat Österreich, zogen nach bayerischem Vorbild ebenfalls vergleichbare Volksentscheide durch.
Mein Song zu diesem Thema fiel der Band allerdings zu irisch aus. Ich konnte niemanden begeistern, an „Pints of beer“ zu arbeiten. Sehr viel später ist mir aufgefallen, dass ich zu diesem Zeitpunkt der einzige Nichtraucher in der Band war, was mir die ablehnende Haltung gegenüber diesem Song wiederum verständlich machte. (B.B. 2012)





drones of america

Als ich dieses Lied fertig geschrieben hatte, beschloss ich damit aufzuhören, Songs über die amerikanische Außenpolitik zu schreiben. Ich werde den kriegerischen Antrieb dieser Weltmacht nie verstehen können. Mit Barak Obama zog Hoffnung auf eine Wende ins weiße Haus ein. „Yes, we can!“ und „Change!“ weckten eine Illusion. Der Präsident betonte, seine Soldaten schützen und auf ihre Einsätze weitgehend verzichten zu wollen. Das tat er dann auch, doch anstatt auf die erhoffte Diplomatie zu setzten, weitete er Angriffe mit unbemannten Dronen aus. Nach der von ihm befohlenen Militäraktion zur live übertragenen Tötung von Osama Bin Laden, ein weiteres fragwürdiges Vorgehen des Friedensnobelpreisträgers. (B.B. 2012)





i wonder

Den Song für mein drittes Kind hatte ich bereits im Booklet von CHANCE, LUCK AND FATE als Nachfolge von „Sunshine 2010“ und „Lisa“ angekündigt. Mit LiamCurt arrangierten wir zwar eine Version mit typischer Jack-Johnson-Gitarre, doch für dieses Album favorisiere ich die ursprüngliche gezupfte Version. Das Lied ist nicht wirklich ein „lost song“, doch ich hielt es für sinnvoll nicht länger auf eine Aufnahme zu warten, um es halbwegs aktuell veröffentlichen zu können. (B.B. 2017)





still waters

Auch „still waters“ kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht unbedingt als „lost song“ bezeichnet werden, denn es existiert bereits eine Band-Version. Trotzdem wollte ich diesen Song unbedingt auf diesem Album haben. Er ist ein Zugeständnis dafür, dass mir mein Familienleben ab und an meine nervliche Belastbarkeitsgrenze aufgezeigt hat. Um in turbulenten Situationen nicht durchzudrehen und dabei ungerecht oder gefährlich zu werden, muss man an sich selbst arbeiten. „Still waters“ schaut in meine Seele. Vielleicht mehr als jeder andere Song. Während der Aufnahme lief in meinem Kopf immer wieder das Video ab, das glücklicherweise mit Hilfe der „Kirschners“ von julos.tv tatsächlich umgesetzt wurde: Video „still waters“ (B.B. 2019)